GELNHAUSEN

Corona-Pandemie im Amateurfußball: "Schlagzeilen hauen uns vom Hocker"

Symbolbild: Hans-Hubertus Braune


Samstag, 19.09.2020
von HANS-HUBERTUS BRAUNE

GELNHAUSEN - Wie schmal der Grad zwischen Freude und Frust ist, zeigt die Situation beim VfR Meerholz. Der Fußball-Kreisoberligist aus Gelnhausen ist plötzlich Thema in den bundesweiten Boulevard-Medien. Eine große Zeitung titelt vom "FC Corona" auf seiner Internetseite. "Das hat uns vom Hocker gehauen. Wir werden hier in eine Ecke geschoben, wofür wir nichts können", sagt Klaus Brune, Erster Vorsitzender des Vereins am Freitagnachmittag.

Die Folgeschäden seien nicht absehbar. Was den Meerholzern Kickern passiert ist, kann jedem Verein - ganz egal welcher Sportart oder Ausrichtung - passieren. Fakt ist, dass sich sechs Spieler des VfR Meerholz mit dem Coronavirus infiziert haben. Wo und wann genau ist schwer zu sagen. Das Kreisgesundheitsamt geht aber davon aus, dass die Infektionen nicht auf dem Fußballplatz bei den beiden Seniorenspielen vor knapp zwei Wochen ausgelöst wurden. Vielleicht Tage vorher beim Training oder im Umfeld.

In der Folge mussten rund 60 Personen in Quarantäne - und nicht 1.000 wie schon geschrieben wurde. Dabei handelt es sich um die Spieler der an den beiden Sonntagsspielen der ersten und zweiten Mannschaften beteiligten Teams. Die Ansteckung weiterer Personen erfolgte danach größtenteils abseits des Sports im Familien-, Freundeskreis und am Arbeitsplatz, teilt der Main-Kinzig-Kreis auf Grundlage seiner umfangreichen Recherchearbeit mit. Derzeit sind im Main-Kinzig-Kreis rund 1.000 Menschen in Quarantäne - in Zusammenhang mit verschiedenen Corona-Infektionen.

Der Fußball pausiert nun bei den Meerholzern und den beiden Kontrahenten vor knapp zwei Wochen (SV Altenmittlau und Melitia Roth) - auch sicherheitshalber bei den Junioren der Meerholzer Fußballer. Dort trainieren teilweise Seniorenspieler, der Verein will kein Risiko eingehen.

Offener Brief an den Fußballverband

Der VfR Meerholz hat den Verband schon vor Tagen angeschrieben und spricht sich für eine Aussetzung der Saison aus. Verbandspräsident Stefan Reuß verwies in einer Stellungnahme auf den Mehrheitsbeschluss der Vereine in Hessen, den Spielbetrieb wieder aufnehmen zu wollen. Vor Ort werde sich der Kreisfußballwart mit den Meerholzern in Verbindung setzen. Dieser weilt allerdings derzeit im Urlaub.

"Wir haben in der vergangenen Woche am eigenen Leib erfahren müssen, welch Rattenschwanz an Folgen ein Corona-Ausbruch, der aus unserer Sicht selbst bei bester Einhaltung des Hygienekonzepts nicht zu verhindern war, für die Menschen hat, die an einer von uns organisierten Veranstaltung teilnehmen", heißt es in dem offenen Brief an die Fußballfunktionäre, welcher am Sonntag vergangener Woche veröffentlicht wurde.

Insgesamt 14 Infektionen werden mit dem Fußballspiel in Zusammenhang gebracht, das Kreisgesundheitsamt lobte die offene und konstruktive Mitarbeit des Vereins und der betroffenen Personen. Nur so sei die Nachverfolgung ins Detail möglich. Im privaten Umfeld der infizierten Personen mussten einige weitere Menschen in Quarantäne, deshalb wuchs die Zahl auf mehrere hundert - rund 400 - Menschen an.

"Bislang alles glimpflich verlaufen"

"Den betroffenen Personen in unserem Verein geht es soweit gut. Bislang ist alles glimpflich abgelaufen. Eine Person klagt über Probleme mit dem Geschmackssinn", sagt Brune. Die ersten Spieler können wieder raus. In der kommenden Woche will der Vorstand mit seinen Spielern sprechen und befragen, wer unter den derzeitigen Bedingungen der Corona-Pandemie bereit ist, Fußball zu spielen oder erstmal pausiert.

"Wir haben Spieler und Vereinshelfer, die aufgrund der notwendigen Quarantäne Probleme mit ihrem Arbeitgeber bekommen; wir haben ehrenamtliche Helfer, die als Risikopersonen jetzt mit der Angst leben, in den Strudel hineingerissen zu werden", schreibt der Verein in dem Offenen Brief. So geht es allen Vereinen im Amateurbereich.

Fußball ist auch für den VfR Meerholz die schönste Nebensache der Welt, doch in der aktuellen Corona-Pandemie kann daraus leider schnell Frust werden. Der Main-Kinzig-Kreis als Behörde gibt sich viel Mühe bei der Analyse und der Nachverfolgung eines Ausbruchsgeschehens. Wo oder wie können die Vereine das Hygienekonzept des Verbandes vielleicht verbessern? Was können andere Clubs lernen? Zumindest bisher zeigt sich, dass der Kick auf dem Platz offenbar keine besondere Gefahr darstellt - auch nicht beim "FC C." +++

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