REGION

Europaministerin Lucia Puttrich exklusiv: Wie wir Corona jetzt als Chance nutzen können

Lucia Puttrich, Hessische Staatsministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten, im Gespräch mit KINZIG.NEWS - Fotos: Martin Engel


Donnerstag, 24.09.2020
von MORITZ PAPPERT

REGION - Lucia Puttrich (59) ist die Frau für Europa in Hessen. Seit dem 18. Januar 2014 ist sie Hessische Staatsministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten. In den letzten Tagen bekam die CDU-Politikerin viel Kritik für eine Aussage zum Flüchtlingscamp in Moria. Im exklusiven Interview mit KINZIG.NEWS erklärt Puttrich, unter anderem, wie sie heute dazu steht, welche Chancen sich durch Corona ergeben haben und wie sich die Krise auf die europäischen Länder ausgewirkt hat.

Für die Europaministerin aus Nidda in der Wetterau hat sich in den letzten Monaten viel geändert. Corona hat besonders die Politik zu schnellen Entscheidungen gezwungen und zu viel Diskussionsstoff geführt. "Wir sind noch mitten in der Pandemie, haben aber auch gelernt mit Situationen umzugehen und haben seit März dieses Jahres viel dazu gelernt, besonders wie man öffentliches Leben gestalten kann - auch unter Einschränkungen", sagt Puttrich. 

Gerade die Tourismusbranche habe stark unter den Folgen der Pandemie gelitten. "Die wirtschaftlichen Folgen sind immens. Gerade in dem Tourismusbereich haben die Europäer einen Aufbaufond beschlossen, in dem in die Länder gezielt hinein investiert werden soll. Und in dem es Hilfsprogramme gibt, um Unternehmen über eine gewisse Zeit zu helfen. Aber das Risiko besteht, dass Unternehmen, die vorher schon schwach waren, es auch nicht schaffen. Das kann man nicht ausschließen", so die Ministerin. Um die europäische Währung müsse man sich dennoch keine Sorgen machen.

KN-Redakteur Moritz Pappert

KN-Redakteur Moritz Pappert

Kritische Aussage zu Flüchtlingslager in Moria

Besonders in den Fokus der Medien ist Lucia Puttrich in den vergangenen Tagen durch eine kritische Aussage zum abgebrannten Flüchtlingslager in Moria geraten. Gegenüber der BILD sagte sie: "Dieser Gewaltausbruch einiger darf nicht belohnt werden. Weder durch eine Verlegung in andere europäische Länder noch bei der Dauer oder dem Ergebnis des Asylverfahrens." Nach dieser Aussage wurde sie von Parteikollegen und Minister Al-Wazir zurückgewiesen. Puttrichs Position widerspreche derjenigen der Landesregierung.

 "Wenn man solche Bilder sieht, dann belastet das jeden Menschen", sagt Puttrich. Die Art und Weise, wie die geflüchteten Menschen in den Lagern leben, entspreche "nicht unserer Auffassung von Menschenwürde". Sie unterstütze deshalb die schnelle humanitäre Hilfe. "Gerade im Bereich der Asylpollitik sind wir als Europäer gefordert. Das müssen wir gemeinsam tun. Aber es ist wichtig, dass man bei aller persönlicher Betroffenheit auch Regeln hat. Meine Aussage bezog sich darauf: Soll man Regeln außer Kraft setzen, wenn mit Gewalt etwas erreicht werden soll, was man ansonsten nicht erreicht hat?", erklärt die Unionspolitikerin. "Ich glaube, das es zu unserer christlichen Verantwortung gehört, dass wir glaubwürdige, langfristige Antworten geben und das wir auch zeigen, dass wir nachvollziehbare Regeln haben, die wir auch einhalten. Diese Wege müssen wir gemeinsam gehen", so Puttrich weiter. 

Corona als Chance sehen

Sie plädiert aber auch dafür, die Asylverfahren zu beschleunigen. "Nichts ist schlimmer, als zu warten oder eine Hoffnung, die sich nicht erfüllt. Deshalb müssen Verfahren schnell abgewickelt werden. Für diejenigen, die Anspruch auf Asyl haben, muss es schneller ausgesprochen werden. Und für die, die keinen Anspruch haben, müssen auch die Verfahren der Rückführung gut und schnell abgewickelt werden", sagt die Staatsministerin.

Puttrich sieht besonders in der Zukunft viele Aufgaben, die auf Europa zukommen. Brexit, Migration und besonders die Digitalisierung werden die Länder noch einige Zeit beschäftigen. "Die Digitalisierung ist eine riesige Herausforderung an Chancen aber auch an Risiken", sagt die Ministerin und betont dabei auch, dass Corona jetzt wie ein Brennglas wirke. "Jetzt können wir nicht mehr wegsehen, jetzt sind wir dazu gezwungen hinzusehen. Insofern kann man das als Chance sehen, dass wir in dieser besonderen Zeit mit einem verschärften Blick draufschauen", sagt Lucia Puttrich abschließend. +++

Neues Beliebtes
    Kontakt
    Kinzig.News Redaktion:
    Telefon:06051 833 712
    E-Mail: redaktion@kinzig.news
    Kinzig.News Vertrieb:
    Telefon:06051 833 711
    E-Mail: vertrieb@kinzig.news
    Kinzig.Termine