Gewerkschaft NGG fordert mehr Zoll-Kontrollen im Main-Kinzig-Kreis

Mittwoch, 10.07.2019
von Joana Gibbe/pm
MAIN-KINZIG-KREIS - Sie kommen unangemeldet und machen nicht viel Federlesen: Wenn Beamte des Zolls Betrieben im Main-Kinzig-Kreis eine Visite abstatten, kann es für Unternehmer ungemütlich werden - vorausgesetzt, sie nehmen es mit dem Gesetz nicht so genau. Im vergangenen Jahr kontrollierte das zuständige Hauptzollamt Darmstadt in der Region insgesamt 875 Firmen auf Schwarzarbeit, Sozialbetrug und auf die Einhaltung von Mindestlöhnen. Das sind 76 Prozent mehr als im Vorjahr.
Dabei nahmen die Zöllner genau 106 Betriebe des Gastgewerbes ins Visier (plus 49 Prozent gegenüber 2017). In 24 Fällen – und damit in jedem vierten Hotel, Imbiss oder Restaurant – deckten sie einen Mindestlohnverstoß auf. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten mit. Die NGG Rhein-Main beruft sich hierbei auf eine Auswertung des Bundesfinanzministeriums für die Bundestagsabgeordnete Beate Müller-Gemmeke (Grüne). „Es kann doch nicht sein, dass es immer noch Chefs gibt, die ihren Beschäftigten das absolute Minimum vorenthalten – den gesetzlichen oder einen höheren Branchenmindestlohn. Mindestlohn-Verstöße sind immer noch an der Tagesordnung. Und das, obwohl es den gesetzlichen Mindestlohn schon seit über vier Jahren gibt“, kritisiert NGG-Geschäftsführer Peter-Martin Cox. Bei Kellnern, Köchinnen und Hotelangestellten komme es am Monatsende auf jeden Euro an.
Die Tatsache, dass viele Unternehmen es immer noch wagen, gegen geltende Mindestlöhne zu verstoßen, macht, so die NGG Rhein-Main, eines deutlich: „Der Zoll muss mehr und intensiver kontrollieren – gerade auch in der Gastronomie. Beim Thema Mindestlohn zeigt sich, dass Vertrauen gut, aber Kontrolle besser ist. Je höher das Risiko für schwarze Schafe ist, bei illegalen Praktiken überführt zu werden, desto seltener setzen sie auf Tricksereien“, betont Cox. Der Plan von Bundesfinanzminister Olaf Scholz, die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) auf mehr als 10.000 Beamte aufzustocken, sei ein „wichtiger Schritt“. Derzeit sei die FKS von dieser Zielmarke aber noch weit entfernt. Nach Informationen der NGG waren bundesweit zuletzt lediglich 6.600 Planstellen für Kontrolleure besetzt – 157 davon beim Hauptzollamt Darmstadt. „Damit der Zoll bei seinen Kontrollen aber überhaupt fündig werden kann, müssen die Arbeitszeiten in den Betrieben genau erfasst werden. Bei Schummeleien mit den Stundenzetteln können die Beamten gegen den Arbeitgeber ermitteln – und geprellte Löhne zurückfordern“, erklärt Peter-Martin Cox. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Mai müssen Unternehmen die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter künftig systematisch dokumentieren. Im Gastgewerbe wurde bereits mit dem gesetzlichen Mindestlohn eine Aufzeichnungspflicht der geleisteten Stunden eingeführt. Die NGG hatte sich dafür gegen den Widerstand der Arbeitgeber starkgemacht. +++