Die Jugendherbergen ziehen ein gemischtes Jahresfazit

Freitag, 18.12.2020
REGION - Die hessischen Jugendherbergen gehen mit leiser Hoffnung aus einem schwierigen und erfahrungsreichen Jahr. Die Aufsichtsratsvorsitzende Marjana Schott sagt über das 111-jährige Jubiläumsjahr der Jugendherbergen: „Gespenstisch leere Häuser, Hygienepläne und Unsicherheit sind dieses Jahr unser Alltag gewesen.
Mit großer Geduld haben unsere Mitarbeitenden die finanziellen Einbußen durch die Kurzarbeit und die Existenzangst ertragen und sind uns weitestgehend treu geblieben – dies ist keine Selbstverständlichkeit und wir sind dafür sehr dankbar.“ Über 450 Mitarbeitende im DJH Hessen standen im März dieses Jahres plötzlich vor einer ungewissen Zukunft.
Am 19. März wurden alle hessischen Jugendherbergen bis auf weiteres von einem Tag auf den anderen geschlossen: Lockdown. Dazu Lilli Scheffke als Hausleitersprecherin: „Plötzlich standen wir vor dem Nichts, im Winter haben wir wie üblich unsere Häuser für die Saison vorbereitet und dann kamen innerhalb von 7 Tagen über 130.000 Übernachtungsstornierungen rein. Im gesamten Kollegium war plötzliche Unsicherheit, alle geringfügig Beschäftigten mussten entlassen oder in unbezahlten Urlaub geschickt werden, alle Mitarbeitenden von einem Tag auf den anderen in Kurzarbeit“.
Zum Beginn der Pandemie war nicht absehbar, wie die nächsten Wochen und Monate verlaufen werden. Acht Wochen später durften die ersten Häuser ihre Türen wieder öffnen, nur fehlten die Gäste. Hausleiter Dirk Voortmann leitet die Jugendherberge Fulda: „Statt 120 Schulkinder hatten wir werktags in der Regel gar keine Gäste, am Wochenende keine Familiengruppen oder Seminare, sondern einzelne Radfahrer oder Wanderer im Haus. Wir konnten unsere Gäste an einer Hand abzählen und persönlich beim Essen bedienen.“
Das Hygienekonzept der Jugendherbergen war und ist vorbildlich. Ausgearbeitet nach Empfehlungen des RKI und der Berliner Charité, geprüft von der Universität des Saarlandes steht es für ein vorbildliches Hygienemanagement im Gastgewerbe. „Bis heute gab es in hessischen Jugendherbergen keine uns bekannten Coronafälle, die durch einen Aufenthalt in einem unserer Häuser ausgelöst wurden“, so Lilli Scheffke.
Die Sommerferien waren für wenige Standorte in Hessen wahre Lichtblicke, die Häuser der Urlaubsregionen Edersee und Hoherodskopf konnten sogar mehr Familienaufenthalte als in sonst üblichen Jahren verbuchen. Die Stadtstandorte, Schulklassen- und Seminarhäuser blieben dagegen weitestgehend leer. Aus diesem Grund wurden die Öffnungen auch sukzessive über die Saison verteilt. Die Jugendherberge in Grävenwiesbach hat im Oktober als letztes aktives Haus die Türen wieder geöffnet. Nur wenige Tage später wurden die Türen Anfang November wieder politisch angeordnet geschlossen: Teil-Lockdown. Alle touristischen Übernachtungen wurden verboten, von den verbleibenden 12.000 Übernachtungen im Landesverband für die Monate November und Dezember wurden 9.500 aufgrund ihres touristischen Charakters gestrichen.
Aufsichtsratschefin Marjana Schott: „Neben neuen Familiengruppen, die dieses Jahr ihre Fernreisen gegen einen „Heimaturlaub“ getauscht haben und somit teilweise erstmals als Familie Jugendherbergsluft geschnuppert haben, hoffen wir im kommenden Jahr auch wieder auf unsere Stammbucher aus diversen Vereinen und natürlich von verschiedensten Schulen“. Im Laufe des Jahres haben die hessischen Jugendherbergen 144.000 Übernachtungen beherbergen dürfen, in 2019, das recht positiv abgeschlossen wurde, waren es 618.000 Übernachtungen. Besonders im Schulfahrten- und Seminargeschäft, üblicherweise die prozentual stärksten Gruppen im DJH Hessen e.V., fallen die Einbußen massiv aus, hier kam es zu über 90 % Stornierungen und ausbleibenden Buchungen.
Der Vorstandsvorsitzende Timo Neumann sagt: „Finanziell haben wir es bis jetzt recht gut hinbekommen, in der Osterzeit haben wir große Sorgen gehabt überhaupt durch das Jahr zu kommen, aber die Bereitschaft unserer Mitarbeitenden das Kurzarbeitergeld anzunehmen, weitere signifikante Einsparungen (u.a. Aufgabe der gemieteten Geschäftsstelle in Frankfurt und Umzug in die Jugendherberge Bad Homburg im November 2020), der Verkauf unserer Jugendherberge Linsengericht, die vor 3 Jahren geschlossen wurde, sowie die Schließung der Jugendherbergen Weilburg, Gießen und Zwingenberg zum Jahresende haben uns etwas Luft zum Atmen verschafft.“ Der Vorstand und Aufsichtsrat des DJH hoffen, dass die kommende Saison mit einer Entspannung im Pandemiegeschehen besser wird als 2020 und auch dauerhaft die Zukunft des DJH Hessen gesichert werden kann.
Das Jahresfazit schließt die Aufsichtsratsvorsitzende Marjana Schott wie folgt: „So endet für uns ein unvorhersehbar schwieriges Jahr mit einem positiven Ausblick, hängen bleiben schwierige Entscheidungen, aber auch positive Erlebnisse aus unserem Mitgliederbereich. So haben wir z.B. Spenden bekommen, Menschen haben gebuchte Aufenthalte bezahlt, obwohl sie nicht reisen durften und wir haben unglaublich viel gesellschaftlichen und sozialen Zuspruch bekommen. Dies tut gut und zeigt, dass wir unserer gesellschaftlichen Verantwortung in der Vergangenheit durchaus nachgekommen sind. Es ist schön an diesen Stellen auch mal etwas zurückzubekommen und wir sind unseren Mitgliedern und unserer Community unwahrscheinlich dankbar für ihre Unterstützung.“ (PM) +++