HANAU

Zehn Monate nach dem Anschlag: Angehörige haben Angst vor Vater des Attentäters

Vor zehn Monaten kam es in Hanau an mehreren Orten zu der grausamen Tat - Archivbilder: KN Henrik Schmitt, Carina Jirsch, Hans-Hubertus Braune


Samstag, 19.12.2020
von HANS-HUBERTUS BRAUNE

HANAU - Auch zehn Monate nach der grausamen Tat sind die Menschen in Hanau erschüttert. Am 19. Februar dieses Jahres ermorderte Tobias R. neun Menschen in der Innenstadt, erschoss anschließend seine Mutter und sich selbst. Weltweite Bestürzung folgte, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzlerin Angela Merkel und weitere führende Politiker aus Bund und Land kamen nach Hanau, um ihre Betroffenheit zu zeigen.

In der Stadt erinnern seitdem Gedenkstätten an die Tat mit rassistischem Hintergrund. Genau diese Gedenkstätten sollen entfernt werden - das fordert offenbar der Vater des Täters. Das Nachrichtenportal "Spiegel online" berichtete als Erstes von den Vorwürfen des Vaters, die aus Ermittlungsakten hervorgingen. Das Portal habe Einsicht in die Unterlagen, auch "hessenschau.de" bestätigt dies.

Der 73-jährige Vater habe zudem mehrere Anzeigen gegen Oberbürgermeister Claus Kaminsky erstattet. Kaminsky habe eine Straftat begangen, indem er sagte, dass die Opfer keine Fremden seien. Kaminsky bestätigte gegenüber KINZIG.NEWS die Anzeigen, konnte aber zu den genauen Inhalten keine Stellung nehmen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (links) kam am Abend nach der tat zu einer zentralen Kundgebung nach Hanau. In der Bildmitte Oberbürgermeister Claus Kaminsky, rechts Ministerpräsident Volker Bouffier
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (links) kam am Abend nach der tat zu einer zentralen Kundgebung nach Hanau. In der Bildmitte Oberbürgermeister Claus Kaminsky, rechts Ministerpräsident Volker Bouffier
Die Menschen in Hanau, aber auch bundes- und weltweit trauerten nach der Tat am 19. Februar 2020 in Hanau
Die Menschen in Hanau, aber auch bundes- und weltweit trauerten nach der Tat am 19. Februar 2020 in Hanau

Zudem fordert Rathjen unter anderem die Herausgabe der Tatwaffe seines Sohnes und die Freischaltung dessen Internetseite. "Das ist ausgeschlossen", sagt Kaminsky gegenüber KINZIG.NEWS. Die Opfer bezeichne der Vater als Täter. Kaminsky ist beunruhigt und hat Sorge, dass von dem Mann Gefahr ausgehe. Deshalb habe er den Polizeipräsidenten des zuständigen Polizeipräsidiums Südosthessen kontaktiert. Wegen der Mordtaten herrsche in Hanau ohnehin eine sensible Situation. Viele Menschen besorgt das.

"Die Opfer waren keine Fremden! Wir gedenken auch der getöteten Mutter des Täters, die aus bisher unbekannten Gründen ihr Leben verlieren musste. Aufgrund der diese Woche bekannt gewordenen unerträglichen Äußerungen des Vaters des Täters, fordere ich die Staatsorgane auf, sich damit auseinanderzusetzen und schnell zu agieren", schreibt Kaminsky am Samstagmorgen auf seiner Facebook-Seite.

"Der Staat muss reagieren"

Kaminsky sagt im KINZIG.NEWS-Gespräch deutlich: "Der Staat muss reagieren". Am Donnerstagabend habe er mehrere Stunden mit den Opfer-Angehörigen gesprochen. Das war schon länger geplant, der Spiegel-Artikel hat die Opfer-Angehörigen schockiert. Sie haben Angst, dass sich die grausame Tat wiederholt. Sie erwarten, dass der Staat dem nachgeht. Sie befürchten, dass erst wieder etwas passieren muss.

Kundgebung vor Polizeistation

Der Vater des Attentäters hatte wie sein Sohn Anzeigen gestellt, etwa behaupteten sie, dass sie von einer Geheimorganisation bespitzelt würden. Das war laut den Medienberichten bereits im Jahr 2014. "Die Bundesanwaltschaft hat zu keiner Zeit Ermittlungen gegen den Vater von Tobias R. geführt. Mit Blick auf das Anschlagsgeschehen haben sich keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten ergeben", erklärte ein Pressesprecher der Behörde auf Anfrage von KINZIG.NEWS.

Verschiedene Initiativen und die Opfer-Angehörigen planen am Samstag - genau zehn Monate nach der Tat - eine Kundgebung vor einer Polizeistation in Hanau. +++

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