HANAU/SCHLÜCHTERN

Nach Großbränden in Supermarkt: Geständnis – ja oder nein?

Zwei Großbrände in Supermärkten sorgten im August 2018 für Entsetzten in Schlüchtern. - Archivfoto


Mittwoch, 12.02.2020

HANAU/SCHLÜCHTERN - Im Prozess gegen eine 45-jährige mutmaßliche Brandstifterin, die im August vergangenen Jahres Brände an zwei Einkaufsmärkten in Schlüchtern (KINZIG.NEWS berichtete) gelegt haben soll, versuchte das Landgericht Hanau am Dienstag, die Glaubwürdigkeit der Angeklagten näher zu beleuchten.

Im Gespräch mit einem psychiatrischen Gutachter hatte sich die Angeklagte offenbar geständig gezeigt – im Gegensatz zum Gespräch mit der Polizei. Hierzu schloss der Gutachter an seinen Vortrag vom Montag an. Dabei hegte der Sachverständige Zweifel daran, dass die geistige Schwäche der 45-Jährigen ihre Einlassungen ihm gegenüber unglaubhaft erscheinen lassen.

Die erste Strafkammer des Hanauer Landgerichts beschäftigt sich derzeit mit Ereignissen im August vergangenen Jahres. Am 11. August 2019 hatte ein Einkaufsmarkt in der Schlüchterner Gartenstraße gebrannt, dessen Flammen die Feuerwehrleute jedoch relativ früh ersticken konnten. Am Folgetag hingegen war ein Discounter in der Hanauer Straße vollständig niedergebrannt.

Die Angeklagte in dieser Sache gilt als geistig beeinträchtigt. Jedoch äußerte der Psychiater, der die 45-Jährige untersucht hatte, gestern vor der Kammer, dass er durchaus Zweifel daran hege, dass die Beschuldigte nicht in der Lage gewesen sei, ihre möglichen Handlungen zu überblicken. „Sie schweigt hier meines Wissens aus klarer Absicht. Das wahre Verhalten von ihr könnte dazu verleiten, zu glauben, dass sie minderbegabt sei“, berichtete der Experte. Auch die Beziehungen der Angeklagten zu zwei Männern diente dem Mediziner als Anhaltspunkt für seine Annahme, dass die Beschuldigte durchaus die Folgen ihres Handelns abschätzen könne: Bei der Befragung habe sie berichtet, dass sie zu zwei Männern gleichzeitig eine Beziehung gepflegt habe. Die separaten Treffen wiederum koordinierte sie so, dass der Gutachter den Eindruck hatte, dass man bei ihr nur schwerlich von einer Willensschwäche sprechen könne. Denn beide Männer wussten nichts von ihrem Nebenbuhler.

Fraglich ist aber wohl vor allem, inwiefern sich die Angeklagte gegenüber dem Gutachter geständig gezeigt hat. Der zumindest monierte, dass er beim vorliegenden Fall in die Rolle eines Ermittlungsbeamten geraten und am Ende der Einzige sei, der „irgendetwas wie ein Geständnis“ gehört habe. Entsprechend sprach die Vorsitzende Richterin Susanne Wetzel von einem „Riesenproblem des Gutachtens“, da die Angeklagte offenbar Angaben gegenüber dem Sachverständigen gemacht habe, die sie bei der Polizei ausgespart hatte.

Die Aussage des Gutachters wurde im weiteren Verlauf des Prozesstages jedoch unklarer: Mal ging es um eine möglicherweise weggeworfene Zigarette als Brandursache, dann wollte er von der Angeklagten gehört haben, dass sie zwei Männer „in der Nähe“ gesehen habe.

Der Prozess geht am kommenden Dienstag, 18. Februar, weiter. Beginn ist um 12 Uhr im Saal 215 des Hanauer Landgerichts. (GNZ/Jens Kirschner) +++

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