Hier ist Dschinn, Dein Hauptgewinn!

"Aladin und die Wunderlampe" feiert Premiere bei den Festspielen

Die ganze Pracht des Orients entfaltet sich beim Märchen Aladin und die Wunderlampe auf der Bühne der Brüder Grimm Festspiele in Hanau. - Fotos: Brüder Grimm Festspiele / Hendrik Nix


Montag, 23.05.2022

HANAU - Die zweite Produktion der diesjährigen Brüder Grimm Festspiele Hanau hat das Licht der Theaterwelt erblickt: Am Samstag ging mit „Aladin und die Wunderlampe“ ein Schauspiel mit musikalischen Elementen an den Start. Die Inszenierung, für die Intendant Frank-Lorenz Engel Buch und Liedtexte schrieb und auch selbst Regie führte, nimmt das Publikum auf beschwingte Weise mit in das Reich von 1001 Nacht.

Sympathische Charaktere mit Witz und Charme, orientalische Klänge und zahlreiche Hingucker machen das Stück zu einem kurzweiligen Theatererlebnis im besten Wortsinn. Trotz der leichtfüßigen Verpackung wird der Wunsch des Menschen nach Freiheit und Selbstbestimmung zu einem zentralen Thema, das in verschiedenen Facetten auftaucht und „Aladin“ dadurch Tiefe verleiht.

Prachtvoller Sultanspalast


Wer in der vergangenen Woche das Musical „Drosselbart!“ im Hanauer Amphitheater sah, rieb sich beim Anblick der „Aladin“-Bühne verwundert die Augen: Wo Zirkus und Varieté die Szenen bunt machten, stehen jetzt rau verputzt aussehende „Lehmwände“. Hans Winkler, auch hier verantwortlich für das Bühnenbild, hat eine schlichte, orientalische Kulisse erschaffen, die im Laufe des Stückes mit wenigen, aber effektvollen Mitteln von Aladins eher ärmlichen Elternhaus, zum prachtvollen Sultanspalast und zur Schatzhöhle werden.

In dieser Stadt wohnt der Titelheld (Marcus Abdel-Messih) mit seiner Mutter, der verwitweten Leyla (Barbara Bach). Der 18-Jährige lebt in den Tag hinein, hat nur Blödsinn im Kopf und bereitet seiner Mutter schlaflose Nächte. Als er eines Tages eines Diebstahls bezichtigt wird, kommt die Rettung in letzter Sekunde: Der bis dato unbekannte Bruder seines Vaters taucht auf, bezahlt den Schaden und spielt sich mit Großzügigkeit und überschwänglicher Familienliebe in die Herzen von Leyla und Aladin. Was die beiden nicht wissen – der angebliche Onkel ist in Wahrheit der Wesir und Zauberer Sihr Fassad (Dieter Gring), der jemanden wie Aladin (ein junger Taugenichts, der reinen Herzens ist) für seine eigenen Zwecke braucht.

Er muss einiges aushalten, bevor seine Tochter den Richtigen findet: Sultan Mustafa (Helmut Potthof), der den Intrigen von Großwesir Sihr Fassad (Dieter Gring, links) ausgesetzt ist.
Er muss einiges aushalten, bevor seine Tochter den Richtigen findet: Sultan Mustafa (Helmut Potthof), der den Intrigen von Großwesir Sihr Fassad (Dieter Gring, links) ausgesetzt ist.
Verstehen sich prächtig: Der Dschinn (Julian M. Boine) und die Meerkatze (Kristina Willmaser).
Verstehen sich prächtig: Der Dschinn (Julian M. Boine) und die Meerkatze (Kristina Willmaser).
Ein herrliches Paar: Aladin (Marcus Abdel-Messih) und Prinzessin Scherazad (Victoria Grace Findlay).
Ein herrliches Paar: Aladin (Marcus Abdel-Messih) und Prinzessin Scherazad (Victoria Grace Findlay).

Fassad will nämlich in den Besitz einer geheimnisvollen Lampe kommen, in der ein Geist lebt, der über Zauberkräfte verfügt. Diese Lampe befindet sich in einer Höhle - und klar, dass der neugierige Aladin gerne bereit ist, hinabzusteigen. In der Höhle gibt es aber nicht nur die unscheinbare Ölleuchte und unfassbare Schätze, sondern auch überraschend nette Gesellschaft. Bubu, die Meerkatze (Kristina Willmaser), ist schon seit vielen Jahren in dieser Höhle eingesperrt ist, freut sich unbeschreiblich über ihren neuen Gefährten. Gemeinsam entdecken sie auch das Geheimnis der Lampe: Reibt man an ihr, dann erscheint Dschinn, der Lampengeist (Julian M. Boine). Er verfügt über die besondere Gabe, alle Wünsche des Leuchtenbesitzers zu erfüllen.

Stopp, nicht alle! Es gibt drei Ausnahmen: Dschinn kann keine Toten erwecken, keine schwarze Magie anwenden, und er kennt sich in Liebesdingen nicht aus. Ansonsten aber fasst der smarte Geist es in einem Lied zusammen: „Hier ist Dschinn, Dein Hauptgewinn!“ Ein echter Gute-Laune-Song in bestem Orchestergroove.

Bubu und Dschinn, beide Opfer des bösen Zauberers und alte Bekannte, müssen erstmal die vergangenen Jahre durchkauen, dann sorgt der Lampengeist für eine sichere Heimreise zu Leyla. Durch Zufall suchen zu später Stunde zwei Gäste hier Unterschlupf: Prinzessin Sherazad (Victoria Grace Findlay) und ihr Lehrer Suleiman (Detlev Nyga). Kurzer Sprung zurück in der Handlung: Schon vor der Szene in der Höhle erhält das Publikum einen Einblick in eine andere Welt, nämlich in die der Sultanstochter Sherazad. Sie lebt beschützt hinter den Mauern des Palastes, bekommt Unterricht in Arabisch, der Sprache der Wissenschaft, und Bauchtanz, will aber auch das Leben draußen kennenlernen, Freiheit schnuppern. Sie überredet Suleiman zu einem Ausflug inkognito – hier rettet sie den beiden das Leben, als sie einen Straßenräuber in erstklassiger Kampfsportmanier unschädlich macht.

Klug und selbstbestimmt


Die Prinzessin ist übrigens keineswegs nur hübsch, sondern auch klug und selbstbestimmt. So weigert sie sich, den Satz, sie werde ihrem Vater immer gehorchen, zu übersetzen. Das könne sie nicht sagen, weil es nicht ihrem eigenen Willen entspreche, erklärt sie, dem Mann, den der Sultan für sie vorgesehen hat, zu heiraten. Das Thema „frei sein“ wird hier erstmals gestreift.

Doch zurück in Aladins und Leylas Küche: Natürlich verlieben sich Aladin und Sherazad ineinander und wollen heiraten. Als Leyla in seinem Namen beim Sultan (Helmut Potthoff) um die Hand der Prinzessin anhält, stellt dieser, angefeuert von dem stinksauren Intriganten, dem Zauberer und Wesir Sihr Fassad, dem sie ja eigentlich versprochen war, schier unerfüllbare Forderungen. Er will Kamele, Sklaven, Becken aus Gold – Dschinn macht’s möglich. Sehr lustig gelöst: Eine „Dschinn-Show“, ein Mix aus Gameshow und Verkaufskanal, in der Dschinn seine Fähigkeiten anpreist und dann geschmeidig zu Aladins Brautgeschenk überleitet. Der beeindruckte Sultan gibt seine Tochter Aladin zur Frau, die beiden ziehen in einen eigenen Palast und leben dort glücklich und zufrieden.

Der Wesir und Zauberer Sihr Fassad aber wird von seinem Herrscher verstoßen, als er versucht, das junge Glück doch noch zu verhindern und schwört fürchterliche Rache. Diese nimmt er, als Straßenhändler verkleidet, als Aladin geschäftlich unterwegs ist. Er zwingt den Lampengeist, den Palast mitsamt seinen Bewohnern an einen fernen Ort zu versetzen – die Spielregel „Wer die Lampe besitzt, ist der Herr des Geistes“ wird dem widerstrebenden Dschinn hier zum Verhängnis. Erneut wird Aladin in letzter Sekunde vor dem Schlimmsten bewahrt: Bubu rettet ihn vor dem Henker, an den ihn der verzweifelte Sultan überstellen will, denn für ihn steht fest, dass sein Schwiegersohn Schuld an Scherazads Verschwinden sein muss.

Mit Hilfe der Meerkatze, die eigentlich die Zauberin Samira ist, aber von dem bösen Sihr Fassad in einen Affen verwandelt wurde, kehren sie auf einem fliegenden Teppich (eine sehenswerte Szene!) zu ihren Lieben zurück. Gemeinsam überlisten und töten sie den Zauberer und lassen sich von Dschinn wieder in ihre Heimat zurückzaubern. Dschinn darf sich zum ersten Mal in seinem Leben selbst etwas wünschen und wählt die Freiheit. „Frei sein“ – so lautet die Überschrift zum großen Finale des Stückes: Das Ensemble kommt zu einem gemeinsamen Rap mit orientalischer Musikuntermalung zusammen, singt und tanzt dann den Schlusssong „Wir sind frei!“. Das Lied, das eindrücklich auf das höchste Gut des Menschen, Freiheit und Selbstbestimmung, eingeht, setzt zum Ende einen emotionalen und mitreißenden Akzent, den berühmten Ohrwurm, den das Publikum mit nach Hause nimmt.

Eine Handvoll bemerkenswerter Akzente, Ideen und Randnotizen: Die Musik aus der Feder von Markus Syperek macht das Stück rund, ist mal schmissig-witzig, dann emotional und immer auf den Punkt. Die Meerkatze, der ein Vorderzahn fehlt und die dadurch ganz entzückend lispelt, ist ein knuffiger Sympathieträger. Sie und die Figur des smarten Dschinn, der in alle möglichen Rollen schlüpft, über die Bühne wirbelt und einfach gute Laune macht, haben das Zeug zum Publikumsliebling. Die Kostüme (Anne Küper und Kerstin Laackmann) geben „Aladin“ die besondere Note – mal glitzernd, mal schlicht, orientalisch-fließend, ein bisschen sexy für die schöne Prinzessin und ihren Bauch(tanz) und voller liebevoller Details.

Und last but not least: Szenen wie der fliegende Teppich, die Kamel- und Geschenkeparade für den Sultan und ein Duett von Aladin und Scherazad, das sie mit Marionetten, die den beiden genau nachempfunden sind, begleiten, sind einfach sehenswert. (pm)

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