Ex-Minister Hahn sichtet neuartiges Lernspiel aus der Märchenstadt
Samstag, 03.09.2022
MAIN-KINZIG-KREIS - Ein Shootergame spielen für bessere Noten? Für viele Jugendliche klingt das wie ein fabelhaftes Märchen, ist es aber nicht.
Der als Betreuungsabgeordnete, für den Main-Kinzig-Kreis zuständige, FDP-Landtagsvizepräsident Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn war kürzlich beim Videospielentwickler Gamelynk.io UG in der Märchenstadt Steinau zu Gast, um sich bei Geschäftsführer Simon Dzierzawa, Produktionsleiter Erik Staub und dem technischen Leiter Kevin Hoffmann über die aktuellste Entwicklung des Unternehmens zu informieren.
Der Titel deren neuen Spiels "LOD" steht für "Learn or Die" und beschreibt damit treffend das raffinierte Spielprinzip: Der Spieler muss, um Waffen und Munition aufzusammeln, Fragen zu Vokabeln oder anderen Lerinhalten beantworten. Diese Lerninhalte kann der Spieler selbst wählen und so auf seine individuelle Lernsituation anpassen. Schreibt beispielsweise der Spieler freitags in der Schule einen Vokabeltest, so kann er mit dem Spiel zuvor ein paar "Vokabeln ballern".
„Aus meiner beruflichen Erfahrung weiß ich, dass die größte Blockade beim Lernen für viele Schülerinnen und Schüler die fehlende Motivation ist. Während das Lernen für die Schule schwerfällt, verbringen die Schüler und Schülerinnen viel Zeit mit Videospielen. Wir haben nach einem Weg gesucht, die Begeisterung für Videospiele auf das Lernen zu übertragen“, erklärte Dzierzawa, neben seinem unternehmerischen Engagement auch Gymnasiallehrer für die Fächer Spanisch und Sport. Die Verbindung zwischen Lernen und Computerspielen sei keine neue Idee. Es gäbe zahlreiche sogenannte "Serious Games", die genau diesen Ansatz verfolgten. Doch mit "LOD" wolle man einen neuen Weg gehen. „Wir haben festgestellt, dass viele Serious Games sich zu sehr auf das eigentliche Lernen fokussieren und dadurch der Spielspaß verloren geht. Aber gerade das ist es, was Videospiele so attraktiv macht. Bei „Learn or Die“ steht deshalb der Spielspaß im Fokus“, erklärte Staub. Der Spieler solle Lerninhalte trainieren, ohne den Eindruck zu haben, beim Spielen unterbrochen zu werden.
Das Computerspiel-Unternehmen hat Anfang 2022 vom Hessischen Wirtschaftsministerium für die Weiterentwicklung des Computerspiels „Learn or Die“ eine Fördersumme in Höhe von 50.000 Euro aus dem Topf für „Serious Games“ erhalten. „Serious Games“ dienen nicht ausschließlich der Unterhaltung, sondern haben auch das Ziel, Anliegen, Informationen und Bildung zu vermitteln.
Geschäftsführer Simon Dzierzawa ist dabei bewusst, dass „Ballerspiele“ immer wieder im Fokus öffentlicher Kritik stehen. „Unsere Zielgruppe besteht aus Shooterspielern, die dieses Genre bereits spielen. Diese Spieler und deren Eltern haben längst entschieden - wie auch durch zahlreiche wissenschaftliche Studien belegt - dass Shootergames für Ihre Kinder kein nenneswertes Risiko darstellen. Wir möchten diese Diskussion daher nicht neu eröffnen, sondern vielmehr dem Genre eine neue positive Perspektive hinzufügen und dem Spieler vermitteln, wie wichtig Bildung für den Erfolg im Wettbewerb ist.“ Ab Oktober arbeite man bei der Weiterentwicklung des Spiels sogar mit einer Diplom-Psychologin zusammen, um die didaktische Qualität des Spiels weiter zu optimieren.
Der Unternehmer wies darauf hin, dass die derzeitigen Fördermöglichkeiten für Serious Games ausbaufähig seien: „Wir sind sehr dankbar, die Förderung des Wirtschaftsministeriums erhalten zu haben. Dennoch gehen in der Branche zu viele Ideen verloren, da die Entwicklungskosten hoch sind und die Fördermöglichkeiten erst ab einem gewissen Entwicklungsstadium greifen.“
Zu den Zukunftsplänen des Unternehmens sagte der Spieleentwickler mit einem Augenzwinkern: "Zunächst wollen wir die Entwicklung des Spiels abschließen und den Markteintritt im nächsten Jahr erfolgreich beschreiten. Dann heißt es, wie auch für unsere Spieler: Schnell dazulernen, unsere Aufgaben erledigen oder eben untergehen."
„Die deutsche Games-Branche hat unglaubliches Potenzial und noch mehr Kreativität. Computer- und Videospiele verdienen es, noch stärker als bisher gefördert zu werden“, erklärte Hahn bei seinem Besuch. Über 34 Millionen Menschen in Deutschland seien begeisterte Gamer. Allerdings werde der Branche zu wenig Vertrauen entgegengebracht. „Computer- und Videospiele sind schon lange nicht mehr das, worauf sie Kritiker gerne reduzieren wollen. Sie sind vielmehr ein innovatives Wirtschafts- und Kulturgut. Gamelynk zeigt, wie die Verknüpfung von Lerninhalten und Spielspaß Schülerinnen und Schülern beim Lernerfolg helfen kann“, zeigte sich der ehemalige Justizminister beeindruckt. (pm)