Der Artenvielfalt auf die Sprünge helfen

Familie aus Hasselroth wandelt Grundstück in Insektenparadies um

So wandelt eine junge Familie aus Hasselroth ihr Grundstück in ein Insektenparadies um. - Fotos: Iris Sparwasser


Donnerstag, 27.10.2022

HASSELROTH - Ein gutes Jahr ist es her, dass eine junge Frau aus Hasselroth beim Landschaftspflegeverband anrief. Sie hatte einen informativen Artikel über das Projekt „Main.Kinzig.Blüht.Netz“ gelesen. Es hat zum Ziel, die Artenvielfalt im Kreis zu fördern und zu stärken. Der Schutz von Insekten und heimischen Wildpflanzen wird dabei ganz groß geschrieben.

Außerdem bieten Projektmitarbeitende interessierten Bürgerinnen und Bürgern kostenfreie naturschutzfachliche Beratung an, wenn diese eigene und große Flächen im Außenbereich in einen attraktiven Lebensraum für Erdhummeln, Sandbienen und Schmetterlinge, Neuntöter, Igel und Eidechsen verwandeln wollen.

Genau das gefällt der jungen Frau. Gemeinsam mit ihrem Mann will sie ihr Grundstück so gestalten, dass es noch mehr Tieren Lebensraum bietet. Also verabredet sich Iris Sparwasser, zuständige Projektmitarbeiterin des Landschaftspflegeverbands, mit dem Ehepaar auf dem Grundstück, das  ganz in der Nähe von Hasselroth liegt. Im Südwesten ist es von Ackerland umgeben, im Nordosten grenzt Wald an. Beim ersten Treffen scheint die blasse Januarsonne auf die in den vorangegangenen Jahren gepflanzten Obstbäume in der Wiese. „Ich möchte Ihnen zwei Maßnahmen vorschlagen, die Tieren sowohl Nahrung als auch Deckung bieten und hier im Grenzbereich zwischen Wald und Offenland verbindende Übergangsstrukturen bilden werden“, sagt Iris Sparwasser. Das Ehepaar nickt zustimmend.

Wenn alles nach Plan läuft...

Einen entsprechend ausgearbeiteten Plan schickt die Projektmitarbeiterin schon einige Tage später an die Eigentümer. Er enthält Vorschläge für zwei Maßnahmen: Zum einen soll eine dreireihige Hecke aus heimischen Wildgehölzen gepflanzt, zum anderen das Grünland auf zwei Meter Breite und insgesamt 70 Quadratmeter mit einer sogenannten „Saum-Struktur“ angereichert werden. Dabei werden aus regionalem Wildpflanzensaatgut Wildstauden wie zum Beispiel Wegwarte, Königskerze und Färber-Wau angesät.

Die Säume kennzeichnet eine Besonderheit: Sie bleiben über Winter stehen, anders als es etwa bei Wiesen der Fall ist, die vor dem Winter gemäht werden. Zwischen den struppigen Stängeln und schrumpeligen Blättern finden Insekten sowie andere Kleinlebewesen Zuflucht, Schutz und Nahrung. Die Hecke wiederum schmücken Weißdorne, Ginster, Liguster, Weiden, Faulbäume, Wildrosen und Pfaffenhütchen. Sie bilden zusammen mit anderen regional vorkommenden Gehölzen eine Vogelschutzhecke. Angrenzend an den Acker bietet sie zudem kleinen Säuge- und Krabbeltieren Deckung.

Die junge Frau stimmt der Planung zu. Iris Sparwasser holt Angebote für die Arbeiten und Materialien ein. Denn für das Grundstück bei Hasselroth kann ein Antrag auf Ersatzgelder bei der Unteren Naturschutzbehörde gestellt werden. Sie decken einen Großteil der Kosten. Im Gegenzug verpflichtet sich der Eigentümer zur Pflege und den Erhalt der Bepflanzung.

Im Herbst geht es richtig los


Um es kurz zu machen: Die finanzielle Unterstützung wird bewilligt und im Oktober kann es richtig losgehen. „Der Herbst ist für Neupflanzungen von Gehölzen die beste Jahreszeit“, sagt Iris Sparwasser und erklärt auch gleich, warum: „Die Pflanzung im Herbst hat den Vorteil, dass wurzelnackte Pflanzen verwendet werden können. Die Herbstgepflanzten haben im zumeist feuchten Winter und im Frühjahr Zeit, sich einzugewöhnen und ihre Wurzeln im Erdreich gut zu entwickeln, bevor es im Sommer vielleicht heiß und trocken wird.“


Auf der Fläche, die für die Hecke und den beiden Saumstreifen vorgesehen ist, haben die Eigentümer im Spätsommer mit einer Fräse eine feinkrümelige Bodenstruktur hergestellt. In diesen offenen Boden wird anschließend gesät und gepflanzt. Die Aussaat erfolgte bereits im September, wobei die hier gesäten lichtkeimenden Arten mit einer Walze nur leicht in den Boden gedrückt, aber nicht eingearbeitet wurden. An einem sonnigen Oktobertag pflanzen die Mitarbeiter des Behinderten-Werks Main-Kinzig 52 Sträucher und Bäume in das aufgelockerte Erdreich. Damit ist das erste Etappenziel erreicht und das Warten auf die ersten Keimblätter im Saum und die neuen Triebe der Heckenpflanzen beginnt.

Die Hecke wird drei bis vier Jahre brauchen, um sich zu entfalten. So lange dauert es, bis sich die Sträucher im Boden eingerichtet haben. Bis schließlich die ersten Vogelnester in der Hecke gebaut sind und die ersten Heckenbrüterküken schlüpfen, wird ebenfalls noch einige Zeit vergehen. Doch Iris Sparwasser hat ein passendes Sprichwort aus Uganda parat, das den Nachhaltigkeitsgedanken prägnant beschreibt: „Der beste Zeitpunkt einen Baum zu pflanzen war vor 20 Jahren. Der zweitbeste Moment ist jetzt.“ Das junge Paar jedenfalls wird sich an dem neuen Lebensraum und allem was darin krabbelt und fliegt, noch lange erfreuen. (red)

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