Hitzige Stimmung im Rathaus: Unmut und Frust über Projekt Steinau - Weinberg
Dienstag, 29.10.2019
von Joana Gibbe
STEINAU A. D. STRASSE - Sie wandeln Windenergie in elektrische Energie um und sind längst keie Seltenheit mehr: Die dreiblättrigen Windkraftanlagen, die für reichlich Diskussionsstoff sorgen – jetzt auch in Steinau an der Straße. Fünf solcher Anlagen sollen nun auch auf dem Weinberg am Hundsrücker Berg Einzug finden – zum Unmut zahlreicher Bürgerinnen und Bürger. In einer Bürgerversammlung am Montagabend im Steinauer Rathaus stellt das Unternehmen Renertec GmbH aus Brachtal das Projekt „Steinau – Weinberg“ vor einem erzürnten Publikum vor.
Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger sowohl aus der Stadt als auch aus umliegenden Gemeinden folgten der Einladung des Magistrats am Montag und machten ihrem Ärger Luft. Denn für sie ist „der Weinberg wie ein großer Garten“, der nicht mit Windkraftanlagen verunstaltet werden soll. Auch die Nähe zum Wohngebiet sorgt für große Aufruhr. Nur etwas über einen Kilometer vom Steinauer Stadtteil Marborn und gerade mal 811 Meter vom nächstgelegenen Wohnhaus entfernt soll eine der fünf Anlagen aufgestellt werden. „Können Sie mir garantieren, dass ich gesund bleibe?“, möchte ein Steinauer von Renertec Geschäftsführer Christoph Eckert und seinem Prokuristen Fritz Gemmer während der Frage-Antwort-Runde wissen. Neben der schönen Aussicht des Weinbergs und der Frage nach der Gesundheitsgefährdung, verärgert die Anwesenden auch das Vorgehen von Bürgermeister Malte Jörg Uffeln, denn sie fühlen sich schlichtweg übergangen. Trotz aller Beteuerungen seitens des Rathauschefs und der Projektleiter, dass „das Projekt noch ganz am Anfang“ steht und es bisher keinerlei Verträge gibt, dringt die Meinung „man hat die Katze im Sack gekauft“ durch die Markthalle.
Ungeachtet der ausgiebigen Infomaterialien und ausgearbeiteten Präsentation Gemmers, in der er das Projekt samt seinen Vorteilen, wie den finanziellen Gewinn durch Gewerbesteuer und über 100.000 Euro Pachteinnahme pro Anlage, vorstellt, kommt es in der Frage-Antwort-Runde zu fast schon hitzigen Diskussionen. Immer wieder brodelt die Stimmung und Redner werden auf beiden Seiten unterbrochen, während sich die Argumente zu wiederholen beginnen. Das Publikum spricht von „Naturzerstörung“ und bezieht sich auf die Rodung hunderte Jahre alter Bäume, die das Projekt mit sich ziehen würde. Gemmer spricht von Erhaltung der „Natur für kommende Generationen“ und erklärt, dass „ein Hektar Wald 0,15 Prozent von dem an CO2 bindet, was durch eine Windkraftanlage eingespart werden kann“. Für die Bürgerinnen und Bürger „Augenwischerei“, auch wenn seitens Renertec versprochen wird, „die Bäume werden flächenäquivalent wieder aufgeforstet“.
„Zur Abschaffung von Atom- und Kohlekraftwerken müssen wir agieren“, betont Geschäftsbevollmächtigter Gemmer. Sollte das Projekt genehmigt werden, bestünde das weitere Vorgehen zunächst im Abschluss eines Pachtvertrags, die Windkraftanlagen selbst würden voraussichtlich im Herbst 2022 in Betrieb genommen werden. Auch bei der Frage nach den Konsequenzen im Falle einer Insolvenz des Unternehmens, versuchen die Projektleiter zu beschwichtigen: „Wir stellen eine selbstschuldnerische Bürgschaft, womit der Rückbau gesichert ist“ und weder Bürgerinnen und Bürger noch die Stadt auf den Kosten sitzen bleiben würden.
Am Ende des Abends bleibt den Bürgern der Erfahrungsbericht von Sinntaler Rainer Steinbacher, der rund 1300 Meter von einer Windkraftanlage entfernt wohnt und über Lärmbelästigung, Einschlafprobleme und Tinnitus klagt, wohl eher im Gedächtnis als die Klarstellung des Bürgermeisters, „die Stadt Steinau sind wir“ und es „ist eine erste Bürgerinformationsveranstaltung“ und kein bereits laufendes Projekt, denn „wir wollen ihr Meinungsbild haben, damit wir es weiter diskutieren können“. „Vor zwei Jahren hieß es in Bellings, ‚keine weiteren Windräder‘“, ärgert sich auch ehemalige Stadtverordnete Irmhild Lamm am Ende der Versammlung, die wohl für keine Seite wirklich zufriedenstellend lief. Bleibt abzuwarten, ob die Bürgerinnen und Bürger weiter gegen das Projekt vorgehen, Bürgermeister Uffeln oder die Projektleiter Alternativen aufzeigen oder es letzten Endes genau wie geplant umgesetzt wird. +++