Erste Strahlenklinik für krebskranke Pferde - Keine Macht dem Tumor
Freitag, 07.06.2019
von Lena Riemann
LINSENGERICHT - Wenn das geliebte Haustier erkrankt, setzen die Besitzer zumeist alle Hebel in Bewegung um ihrem pelzigen Familienmitglied zu helfen. Eine Klinik in Linsengericht verspricht vor allem Hoffnung für krebskranke Pferde. Seit 2017 hat die Equinox Klinik für Strahlentherapie im Main-Kinzig-Kreis über 100 Pferde von Tumoren befreit. Das KINZIG.NEWS-Team hat die 5-jährige Stute Cortez bei ihrer letzten Strahlenbehandlung begleitet.
Von außen wirkt das Gebäude der Klinik fast unscheinbar, obwohl sich darin hochspezialisierte Technik für Strahlentherapie befindet. Zurzeit befinden sich zehn Pferde in der Klinik zur stationären Behandlung. Neben den großen Reittieren werden hier auch Hunde, Katze und Kaninchen therapiert. Ins Leben gerufen wurde die Klinik von Tim Kowalewski, der beruflich aus der humanmedizinischen Strahlentherapie stammte. Als das Pferd seiner Frau an Krebs erkrankte und der Tierarzt Kowalewski keine Behandlungsmethode anbieten konnte, gründete er selbst eine Klinik. Der Spatenstich erfolgte 2017.
So konnten in Linsengericht über 100 Pferde behandelt werden. "Auf dem europäischen Festland ist es die einzige Klinik dieser Art. Aus mittlerweile fünf Nachbarländern kommen die Patienten zu uns", erzählt Dr. Janine Brunner, veterinärmedizinische Leiterin der Klinik. Die Tiere kommen für eine stationäre Behandlung nach Linsengericht und bleiben dort maximal acht Tage für die Therapie. Neben der Krebsbehandlung, wird diese Form der Therapie auch für chronische Schmerzen eingesetzt. Für die Warmblutstute Cortez war es die letzte Behandlung von insgesamt sechs Therapiesitzungen.
Damit sich die Stute der Strahlenbehandlung unterziehen kann, wird sie in ihrer Box im Klinik eigenen Stall zunächst untersucht und schließlich sediert. Danach geht es zusammen mit den Mitarbeiterinnen der Klinik in das Hauptgebäude. Hier wird das Pferd unter leichter Narkose gesetzt. Um die Fesseln des Pferdes werden nun Seile gelegt und an einen Deckenkran befestigt. Damit wird das Tier in die Luft gezogen und schwebt durch die Halle auf einen speziell angefertigten Carbontisch.
Auf diesem Tisch wird der tierische Patient in den Bestrahlungsraum, den sogenannten "Bunker" geschoben. Die Wände des Raumes sind aus vier Meter dickem Beton. Verschlossen wird die Kammer durch eine 40 Tonnen schwere Stahltür. Das Pferd wird nun unter dem Bestrahlungsgerät positioniert. Während der Behandlung bleibt das Tier allein im Bunker. Die Klinikmitarbeiter überwachen den Vorgang über den Steuerungspult gegenüber des Behandlungsraumes. "Es bleibt niemand mit dem Tier im Bestrahlungsraum. Wir können alles über Kameras beobachten", erzählt Brunner.
Die Behandlung dauert keine zwei Minuten, sodass das Tier schon nach kurzer Zeit wieder aus der Kammer heraus geschoben und mit dem Deckenkran in eine Aufwachbox gelegt wird. "Den Tieren geht es nach der Behandlung nach kurzer Zeit wieder gut", sagte Brunner. Je nach schwere der Erkrankung müssen die Pferde unterschiedlich lange und oft zur Bestrahlung. Die Ergebnisse der Therapie sind in der Regel erst nach ein paar Monaten sichtbar. Nach Cortez letzter Behandlung stand die Stute wieder nach knapp 10 Minuten auf den Beinen. Für sie heißt es nun Abschied nehmen aus Linsengericht, das Pferd darf nun wieder nach Hause.+++