FRANKFURT AM MAIN

Fragen über Fragen im Fall Lübcke: Die rechte Szene, die Waffen und Markus H.

Der Mitangeklagte Markus H. - Foto: Jan Huebner/Pool/ Archiv


Freitag, 11.12.2020
von MORITZ PAPPERT

FRANKFURT AM MAIN - Im Prozess um den ermordeten Regierungspräsidenten Walter Lübcke kommen immer wieder neue Fragen auf. Nachdem der mutmaßliche Mörder Stephan Ernst vergangene Woche die offenen Fragen der Familie Lübcke beantwortet hat, ergaben sich laut Senat einige Widersprüche daraus. In seinen Aussagen belastete Stephan Ernst erneut den vor einigen Monaten aus der U-Haft entlassenen Markus H. Laut Ernsts Aussagen soll der sowohl bei der Tat, als auch bei den Planungen dabei gewesen sein.

Stephan Ernst sagte bei seiner Befragung durch die Familie Lübcke, dass er bereits ein Jahr vor der Tat zusammen mit Markus H. am Haus von Walter Lübckes Sohn Christoph vorbeigegangen sei. Ernst berichtete, er habe dort Walter Lübcke zusammen mit einem Nachbarn gesehen. Als Christoph Lübcke vor wenigen Tagen als Zeuge aussagte, berichtet er ebenfalls von dieser "merkwürdigen Begegnung". Demnach könnte es statt des vermeintlichen Nachbarn auch Christoph Lübcke gewesen sein, der dort in die Augen des späteren Mörders seines Vaters blickte.

Die ungeklärte Rolle des Markus H.

Christoph Lübcke berichtete bei seiner Befragung, dass er einen großen und einen kleineren dickeren Mann gesehen habe. Diese Beschreibung könnte gut auf Ernst und Markus H. passen. Die Verteidigung von H. meint jedoch, die beiden seien gleich groß - und will das mit einem Bild von einer länger zurückliegenden Demo belegen. Einen direkten Vergleich,  indem sich beide einfach nebeneinander stellen, lehnt die Verteidigung jedoch ab.

Ernst berichtet auf Nachfrage des Richters Sagebiel, dass er sich 2009 von der rechten Szene gelöst habe. "Ich wollte dann auch mit den Leuten nichts mehr machen und war dabei, mich zu ändern", sagt Ernst. Das Ganze sei so lange gut gegangen, bis er Markus H. bei seiner Arbeitsstelle im Jahr 2011 getroffen habe. Durch H. wurde Ernst aktiver Bogenschütze und ging in den Schützenverein. "Aber damals wirklich aus Interesse an der Sportart Bogenschießen", versichert Ernst. Im Jahr 2011 habe er außerdem an der rechten Veranstaltung "Sommersonnenwende" teilgenommen. Dort soll er auch einen in der Szene bekannten Neonazi getroffen haben. 

Fragen über Fragen 

Ein großes Fragezeichen steht auch über dem Thema Waffenbesitz. Laut Ernst soll er eine Waffe von H. vier Wochen vor der Tat ausgeliehen haben. Ungeklärt dabei ist, warum H. damit seine Waffenbesitzkarte aufs Spiel gesetzt hat, die er sich erst kurz vorher wieder zurück erkämpft hatte. Für Richter Sagebiel ist diese Aussage "äußerst fragwürdig." Laut Ernst hätte H. aber auch ein Risiko in Kauf genommen, als die beiden Schießtrainings im Wald gemacht hätten. Daher sei dies nichts Außergewöhnliches gewesen. Grundsätzlich scheint es bei dem Prozess so, als kämen nach jedem Prozesstag neue Fragen auf, die geklärt werden müssen. Auch deshalb wird ein Urteil erst im nächsten Jahr erwartet. +++

Stephan Ernst
Stephan Ernst - Foto: Jan Huebner/Pool/ Archiv