Von ernüchternd bis enttäuscht

Große Niederlage für die Union: Das sagen heimische CDU-Politiker dazu

CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet gibt eine Pressekonferenz nach den Gremiensitzungen der Partei nach der Bundestagswahl 2021 im Konrad-Adenauer-Haus. - Foto: picture alliance/dpa | Michael Kappeler


Mittwoch, 29.09.2021
von MORITZ PAPPERT

MAIN-KINZIG-KREIS - Die Union musste die herbste Wahlniederlage seit Bestehen der Bundesrepublik einstecken - und jetzt erstmal verdauen. Wir wollten von CDU-Politikern aus unserer Region wissen, was sie - jenseits von tiefschürfenden Grundsatzüberlegungen - zum aktuellen Zustand ihrer Partei sagen und wer oder was ihrer Meinung nach schuld an diesem Debakel trägt.

Bundestagsabgeordnete Katja Leikert:

Wie würden Sie den Zustand der Union nach dieser Wahlschlappe in einem Wort beschreiben?

Ernüchtert.

Wer oder was ist schuld an den heftigen Verlusten?

Sicher haben uns die wiederholten öffentlichen Personaldebatten der vergangenen Monate und die Masken-Affäre im Frühjahr besonders geschadet. Wir haben viel zu oft über uns selbst, anstatt über unser Programm und unsere Lösungsvorschläge für die riesigen Herausforderungen der 20er Jahre diskutiert. Das ist schade, denn ich bin immer noch der Meinung, dass wir als CDU den besten Plan für unser Land haben.

Wie kann und soll es jetzt weitergehen?

Die Union hat ein historisch schlechtes Wahlergebnis eingefahren, da gibt es nichts schönzureden. Jetzt braucht es eine tiefgreifende Analyse. Wir werden einen innerparteilichen Prozess auf den Weg bringen, in dem wir schonungslos Fehler auf allen Ebenen offen aufarbeiten und daraus für die Zukunft lernen. Es geht darum, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Da gibt es keinen Schalter, den man umlegen kann, das ist ein längerer, mitunter auch harter Weg.

Katja Leikert  - Foto: Tobias Koch

Katja Leikert - Foto: Tobias Koch

Landtagsabgeordneter Heiko Kasseckert

Wie würden Sie den Zustand der Union nach dieser Wahlschlappe in einem Wort beschreiben?

 Auf dem Boden der harten Tatsachen angekommen.

Wer oder was ist schuld an den heftigen Verlusten? 

Ein Fehler im Aufmarschplan zieht sich durch die ganze Schlacht. Die internen Personalentscheidungen gegen die Stimmung in Partei und Wählerschaft waren falsch. Unser Kandidat war nicht der Richtige.

Wie kann und soll es jetzt weitergehen?

 Erkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung. Wir müssen diese Niederlage annehmen, uns aufrichten und inhaltlich klarer sowie personell neu aufstellen.

Max Schad - Foto: privat

Max Schad - Foto: privat

Landtagsabgeordneter Max Schad:

Wie würden Sie den Zustand der Union nach dieser Wahlschlappe in einem Wort beschreiben?

Enttäuscht.

Wer oder was ist schuld an den heftigen Verlusten?

 Eine erschöpfende Antwort auf diese Frage fällt wenige Tage nach der Wahl schwer. Das für uns nicht zufriedenstellende Wahlergebnis müssen und werden wir aber in den nächsten Wochen und Monaten aufarbeiten. Bereits jetzt lässt sich sagen, dass uns die Personaldebatten der letzten 1 ½ Jahre sicherlich nicht genützt haben und uns als Regierungspartei ein Zugpferd mit Amtsbonus gefehlt hat. Dass Kanzlerschaft, Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur nicht in einer Hand lagen, hat uns den Wahlkampf zusätzlich erschwert. Hinzu kommt, dass es uns nicht ausreichend gelungen ist, unsere guten Ideen für das Land in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung zu stellen.

Wie kann und soll es jetzt weitergehen?

 Die Sondierungsgespräche werden zeigen, wie es jetzt weitergeht und wem es gelingt, eine Regierung für das Land zu bilden. In mögliche Verhandlungen muss die Union selbstverständlich mit einer Portion Demut gehen, aber wer zu einer Wahl antritt und um Verantwortung wirbt, sollte hinterher auch den Anspruch haben, Verantwortung zu übernehmen. Ob dies im Rahmen eines Jamaika-Bündnis gelingt oder ob sich eine Ampel-Koalition durchsetzt, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Persönlich bevorzuge ich natürlich eine Bundesregierung unter Führung der Union.

Heiko Kasseckert

Heiko Kasseckert

Bundestagskandidat Johannes Wiegelmann:

Wie würden Sie den Zustand der Union nach dieser Wahlschlappe in einem Wort beschreiben?

Erneuerungsbedürftig

Wer oder was ist schuld an den heftigen Verlusten?

Die Gründe sind vielschichtig. Neben individuellen Fehlern des Kanzlerkandidaten war bereits der Prozess zur Wahl des Parteivorsitzenden und anschließend zur Nominierung des Kanzlerkandidaten uferlos und geradezu zerstörerisch. Fast 1,5 Jahre Personaldiskussionen rund um die Spitze waren zu lang.

Unsere guten Ideen für das Modernisierungsjahrzehnt wie auch das Versprechen an die Bürgerinnen und Bürger des Landes, dass die Union zuverlässig das Land regiert, traten vollkommen in den Hintergrund. Die Wahlkampagne samt eigener Themensetzung konnte - leider - zwangsläufig nicht verfangen.

Wie kann und soll es jetzt weitergehen?

Unserem Land würde es gut tun, wenn es gelingt, ein bürgerliches Bündnis aus Union, Grünen und Liberalen, das Ökonomie, Ökologie und soziale Verantwortung in einen guten Ausgleich bringt, zu schmieden. Es darf allerdings keine Regierung um jeden Preis geben.

Zugleich muss ein personeller wie programmatischer Erneuerungsprozess auf allen Ebenen in der Partei gestartet werden. Die Union braucht wieder eine übergeordnete Leitidee, mit welcher die Menschen uns verbinden.

Ganz persönlich blicke ich dankbar auf die vergangenen sehr spannenden und intensiven Monate zurück. Ich bin überwältig davon, dass so viele Menschen mir ihr Vertrauen geschenkt und einem jungen Menschen diese Aufgabe zugetraut haben. Die vielen Begegnungen im Wahlkampf ergeben einen Erfahrungsschatz, der mich bei meiner zukünftigen Arbeit begleiten wird. Ich werde kommunalpolitisch wie versprochen am Ball bleiben und wo auch immer es mir möglich ist, für die Menschen in der Region wirken.

Die Niederlage schmerzt natürlich, aber niemand wird etwas in der Politik aus eigener Herrlichkeit, sondern man ist immer Teil eines größeren Ganzen. Das ist gut so und zeigt sich insbesondere an Wahltagen. In guten Zeit geht es mit der Partei nach oben, in schlechten Zeiten verliert man mit der Partei. Die Gründe für die schmerzhafte Niederlage der Union sind vielschichtig. Soweit ich meinen Blick der Dinge einbringen kann, werde ich dies tun.

Johannes Wiegelmann  - Fotos: Moritz Pappert

Johannes Wiegelmann - Fotos: Moritz Pappert

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