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Glücksmomente auf der neuen Spessartspur in Ramholz

Walter Dörr ist für KINZIG.NEWS die Spessartspur schon einmal abgewandert und macht mit schönen Fotos neugierig. - Fotos: Walter Dörr


Montag, 10.01.2022
von WALTER DÖRR

SCHLÜCHTERN - Der Spessart ist bekanntlich eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete und in den beiden Bundesländern Hessen und Bayern optimal gelegen. Die Bewohner hier wissen, wie sie von der Natur verwöhnt werden. Zunehmend haben aber auch die Städter aus der Rhein-Main-Metropole Frankfurt den über 74.000 Hektar großen Naturpark Hessischer Spessart als Naherholungsgebiet kennen und lieben gelernt.

Rund 60 Prozent der Fläche ist bewaldet, vorrangig mit Eichen und Buchen. Durch das größte Laubwaldgebiet Deutschlands führen viele markierte Wanderwege. Der Premiumwanderweg „Spessartbogen“ ist fast 90 Kilometer lang und reicht von Langenselbold bis nach Schlüchtern. Wem das zu lang ist, für den hält der Naturpark Hessischer Spessart Alternativen in Form von Extratouren, den „Spessartfährten“ oder "Spessartspuren", bereit. Quasi Glücksmomente kompakt auf zurzeit 27 ausgeschilderten Spazierwanderwegen.

Der Naturpark Hessischer Spessart wurde 1963 gegründet und seit Beginn 2005 ist Fritz Dänner dessen Geschäftsführer. Der Forstbeamte des Forstamts Hanau-Wolfgang koordiniert die vielseitigen Aktivitäten im Spessart. Die neueste Spessartspur „Ramholzer Schlosspark und Burg Steckelberg“ ist noch nicht offiziell eröffnet. Über die knapp sechs Kilometer lange Strecke führen viereckige Holzbalken, an denen quadratische Wegweiser mit dem in Sichthöhe angebrachten bekannten Spessartspuren-Logo, die zurzeit noch aufgestellt werden.

Vor der Kulisse mächtiger Basaltsolitäre

Walter Dörr ist für KINZIG.NEWS die Spessartspur schon einmal abgewandert und macht mit schönen Fotos neugierig. Ausgangspunkt und Ziel für den Rundkurs ist der Platz, wo vor vielen Jahren die von Stumms einen Tennisplatz hatten und standesgemäß den weißen Sport pflegten. In der Neuzeit ist der Platz ein Schlosspark-Besucherparkplatz – auch für die Gäste des einstigen „Schlosscafes“, das 1970 der damalige Schlossherr Knut Freiherr von Kühlmann-Stumm als größtes Cafe im Altkreis Schlüchtern in der Orangerie des Schlosses eröffnete und das bis Ende 2014 bestand. Vor der Kulisse mächtiger Basaltsolitäre steht auf dem Parkplatz eine Übersicht über den Wanderwegverlauf.

Kurz nach der Orangerie erblickt der Spazierwanderer gleich ein mächtiges Highlight der Tour, das Stummsche Schloss – genauer das neue Schloss, das Hugo Rudolf Freiherr von Stumm (1845-1910) als viel größerer Anbau (150 Zimmer, fast 2000 Quadratmeter Wohn- und Nutzfläche, 2500 Quadratmeter Kellerräume) an die alte Huttenburg aus dem 16. Jahrhundert nach den Plänen der Münchener Architektenbrüder Emanuel und Gabriel von Seidl von 1893 bis 1895 im Stil der Neugotik und dem Zeitgeist der „englischen” Renaissance nachempfunden erbauen ließ.

Durch den bedeutsamen Landschaftsspark, der ursprünglich eine landwirtschaftlich genutzte Fläche von fast 100 Hektar war und den der bekannte schwedischen Gartenkünstler Jens Person Lindahl (1843-1887) entworfen hat, führt der Weg an der ehemaligen Gärtnerei vorbei zu einem besonderen Kleinod: den Hutten-Pavillon, der von Baltasar Neumann erbaut worden sein soll. Nach dem zweimaligen Durchqueren der einstigen Sichtachse „Schloss-Burg Steckelberg“, die durch Baumanpflanzungen praktisch nicht mehr besteht, gelangt man auf der „Kirschenallee“ in den ehemaligen Waldteil des Schlossparks, der sich in Privatbesitz befindet und entsprechend bewirtschaftet wird.

Einzigartiges Jugendstilmausoleum

Ortsunkundige werden nicht die Skulpturengruppe Aphrodite, Herkules und Pan in einer Würzburger Nischenmauer im verwilderten Rosengarten entdecken, aber durch die Baumstämme kurz darauf schon einmal die Stummsche Familiengruft. Erst gilt es, den steilen Aufstieg zur Burgruine Steckelberg zu meistern. Auf der Burg erblickte 1488 der Humanist Ulrich-von-Hutten das Licht der Welt. Nach der Schleifung und einer Verfügung Kaiser Rudolf von Habsburg aus dem Jahr 1276, dass die Ur-Burg (erste Erwähnung 1131) nie wieder errichtet werden dürfe, ignorierte der Sohn Frowin von Huttens, der ebenfalls Ulrich hieß, und fing im Winter 1387/88 mit dem Bau an.

Der Aufstieg zu den geschichtsträchtigen Mauern ist nach dem Besuch ein steiler Abstieg. Unterhalb des Burgberges geht es weiter zur Stummschen Familiengruft, die malerisch im Wald liegt. Das Kleinod ist ein in Hessen einzigartiges Jugendstilmausoleum (im Privatbesitz und kann nur von außen bestaunt werden). Es wurde Ende des 19. Jahrhunderts in aufwendigem Neorenaissance-Stil auch von den beiden Schloss-Architekten von Seidl mit Zyklopenbasaltmauerwerk gebaut.

Der bekannte Heraldiker, Schriftgrafiker, Kunstmaler und Ziseleur Hermann Josef Otto Hubert August Constantin Hupp (21.5.1859 - 31.1.1949), der auch den Erfrischungssaal des Reichstagsgebäudes in Berlin gestaltete, und Rudolf von Seitz (15.6. 1842 - 18.6.1910, Maler, Zeichner und Kunstgewerbler), beide München, malten um 1900 das Innere der Gedächtniskapelle aus.

Durch alten Baumbestand, vorbei an der ehemaligen Försterei mit Kegelbahn und dem sogenannten „Wedelweiher“ geht es in einer Allee mit bizarren Bäumen zurück in Richtung Schloss. Durch eine Linksabbiegung gelangt der Wanderer am fast ausgetrockneten Schlossweiher vorbei zur evangelischen Kirche. Am 29. August 1785 wurde der Grundstein für das Gotteshaus gelegt. Vorher gab es schon einmal ein romanischer Steinbau, der beim sogenannten „Ramholzer Kirchenstreit“ im Jahr 1696 schwer beschädigt worden und sogar teilweise ausgebrannt war, so dass er abgerissen werden musste.

Der „hochgeborene Graf von Degenfeld-Schönburg“ (seit 1731 besaßen die Herren von Degenfeld das Patronatsrecht) befahl 1785, die Kirche wieder aufzubauen. Am 9. November 1788 wurde sie eingeweiht. Durch ein üppig verziertes schmiedeeisernes Tor verlässt man den Park und geht am alten Schloss vorbei zurück zum Ausgangspunkt der Spessartspur – ein Blick zu den landwirtschaftlichen Gebäuden gegenüber lohnt sich ebenfalls. Mehr Infos unter: www.naturpark-hessischer-spessart.de.

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