Eröffnungsveranstaltung für ersten Christopher Street Day im Schloss Philippsruhe
Donnerstag, 27.06.2019
von Gelnhäuser Neue Zeitung
HANAU - Es war die Nacht auf den 28. Juni 1969, als sich bei einer Razzia im Stonewall Inn, dem bekannten Club in der New Yorker Christopher Street, Trans- und Homosexuelle gegen die allgegenwärtige Polizeiwillkür wehrten und eine Bewegung für Gleichberechtigung und gegen Unterdrückung ihren Anfang nahm. Keiner der Beteiligten hatte damals im Sinn, dass daraus eines Tages eine Demonstration werden würde, bei der Menschen weltweit für die Freiheit der sexuellen Identität auf die Straße gehen. Genau 50 Jahre später nun tun sie das zum ersten Mal auch in einer Fast-Großstadt an Main und Kinzig: Am Dienstagabend fand die offizielle Eröffnungsgala zum ersten Hanauer CSD im Roten Saal von Schloss Philippsruhe statt.
Warum braucht Hanau einen CSD? Über diese Frage hat sich Peter Jüngling, Mitgründer des Vereins CSD Hanau, viele Gedanken gemacht – lange bevor er beschloss, selbst einen zu organisieren. Denn auch, wenn sich viel getan hat in den vergangenen 50 Jahren, sei es noch immer ein weiter Weg dahin, dass Homo- oder Transsexualität in der Gesellschaft schlicht als normal begriffen würden, sagte Jüngling in seiner Ansprache und hatte ein ganz aktuelles Beispiel: Beim Aufhängen der Plakate für den CSD, so berichtete er, sei er von einem gut gekleideten Mann mittleren Alters angesprochen worden, ob CSD denn für Christopher Street Day stehe. Als er bejahte, habe der Mann erwidert: „So einen Dreck brauchen wir hier nicht.“
Dass ganz im Gegenteil eine solche Veranstaltung der Grimmstadt außerordentlich gut zu Gesicht stehe, bekräftigte Stadtverordnetenvorsteherin Beate Funck in ihrem Grußwort, mehr noch: Der CSD sei für Hanau als Stadt wichtig. „Wir wollen nicht nur Toleranz im Hinblick auf unterschiedliche religiöse Überzeugungen zeigen, sondern auch in Bezug auf wie auch immer anders geartete Lebensformen“, sagte Funck, und ebendas griff Chansonier Jo van Nelsen gewissermaßen auf, als er ein beschwingtes „Sei mal verliebt“ intonierte, dessen Botschaft sich in einem Satz auch so formulieren ließe: Liebe hat kein Geschlecht. Und während van Nelsen dem tropisch anmutenden Sommerabend in Hanaus guter Stube mit seinen launigen musikalischen Beiträgen einen erfrischenden Esprit verlieh, kam auch ein dunkles Kapitel der Homosexuellen-Historie zur Sprache. Der Historiker Christian Setzepfandt gab unter der Überschrift „Die Geschichte eines Vorurteils“ einen Abriss über schwules Leben im Frankfurt des 19. und 20. Jahrhunderts, und hier ist es gerade die Zeit des Dritten Reichs, die auch für Homosexuelle eine besonders schreckliche war: Bis 1945 wurden 30.000 gleichgeschlechtlich liebende Männer ermordet, 6.000 kastriert.
Die Erinnerung an dieses Gestern gelte es wachzuhalten – und vor diesem Hintergrund das Heute und Morgen zu gestalten lautete schließlich der Appell von Hessens Sozialminister Kai Klose, der etwas verspätet eingetroffen war und deshalb den Schlusspunkt der Veranstaltung setzen durfte. Klose hat übrigens die Schirmherrschaft für den ersten Hanauer CSD übernommen und das, so viel lässt die Wettervorhersage bereits erahnen, wird definitiv ein Sonnenschirm sein.
Während der New Yorker CSD am Sonntag über die Bühne geht, steht die Grimmstadt bereits am Samstag im Zeichen des Regenbogens. Unter dem Motto „Es war einmal vor 50 Jahren in der Christopher Street“ startet dort der erste CSD in Hanau. Um 10 Uhr beginnt die Aufstellung für die Demo-Parade am Schloss Philippsruhe, um 12 Uhr startet sie und zieht dann durch die Stadt. Endpunkt ist das Olof-Palme-Haus, wo das CSD-Fest um 14 Uhr startet. Für alle, die nicht an der Demo-Parade teilnehmen, öffnet das Festgelände bereits um 12 Uhr. Hier warten leckeres Essen, kühle Getränke und natürlich ein abwechslungsreiches Bühnenprogramm. Auf der CSD-Bühne werden unter anderem Harry Bauer & Valentina Versayce, Jessica Walker, Sabho, Tante Gladice und Bäppi La Belle stehen. Die After-Show-Party steigt dann ab 22 Uhr in der Library, Tickets hierfür gibt‘s für 10 Euro zzgl. Gebühr im Vorverkauf bei Frankfurt Ticket oder für 13 Euro an der Abendkasse.
Weitere Infos rund um die Veranstaltung gibt es unter www.csd-hanau.de . +++