Ab in die Pilze: Letzte Chance zum Sammeln - doch Vorsicht ist geboten!
Samstag, 14.11.2020
von JOANA SCHNEIDER
BAD ORB - Statt Festivals und Fasching stand in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie vor allem eine Beschäftigung im Vordergrund: Die Erforschung der heimischen Natur. Gerade in den letzten Wochen bot sich den Spaziergängern und Wanderern ein unverwechselbares Bild aus bunten Blättern und rauschendem Laub. Als wäre das nicht schon schön genug, konnte beim Spazieren gehen auch noch die ein oder andere Leckerei gesammelt werden. Denn der Herbst eröffnet bekanntlich auch die Pilzsaison – und „bis der erste richtige Frost eintritt“, könnten sogar noch ein paar Exemplare gefunden werden, verrät Michael Stange, Pilzsachverständiger des Naturparks Hessischer Spessart, im Gespräch mit KINZIG.NEWS.
Doch der Experte mahnt zur Vorsicht! Denn nicht alles, was vielleicht lecker aussieht, ist auch verträglich. Unter den rund 1.200 Pilzsorten des heimischen Spessarts verstecken sich auch zahlreiche Giftpilze und unverträgliche Artgenossen, die zu Magen-Darm-Beschwerden und sogar zu lebensbedrohlichen Organschädigungen führen können.
Der Wander- und Pilzführer verrät aber, worauf es zu achten gilt und welche Fruchtkörper - denn das ist es, was wir sammeln, „der eigentliche Pilz lebt unter der Erde“ – auch für Anfänger geeignet und erkennbar sind. Ganz allgemein seien sogenannte „Röhrenpilze, in Bayern sagt man auch Schwammerl“ leicht erkennbar. Die sehen unter dem „Hut wie ein Schwamm aus und bestehen aus vielen kleinen, feinen Röhren und haben keine Lamellen“. Denn unter den Röhrlingen gibt es nur einen Artgenossen, der zwar nicht giftig, aber weniger bekömmlich ist. Generell gelte für Anfänger: „Röhrenpilze suchen, die nicht farbig und bunt sind, sondern einen braunen Hut und helle Röhren haben“, erklärt der 67-Jährige.
Zu den Röhrenpilzen zählt zum Beispiel auch der Maronenröhrling, der durch seinen braunen Hut und hellen Schwamm auch für Neulinge schnell zu identifizieren ist. Diesen gibt es auch im Bad Orber Haseltal, welches eine gute Mischung aus Nadel- und Laubwald bietet und damit Heimat vieler leckerer Pilzsorten ist. Und das Besondere am Maronenröhrling: „Sie sind eigentlich immer in Gesellschaft, sprich, wo ein Maronenröhrling zu finden ist, da gibt es meist noch mehr.“
In diesem Jahr werden allerdings nicht mehr allzu viele Pilze zu finden sein, denn die Saison neigt sich dem Ende. Generell sei die Saison aufgrund der vorangegangenen Trockenheit im Frühjahr zwar erst spät gestartet, allerding benötigen die Pilze auch Feuchtigkeit, um überhaupt zu wachsen, weiß der Pilzexperte. Ideal für die Pilze sei ein feuchter Frühling und ein milder Herbst, dann sprießen die Fruchtkörper aus dem Boden und können fleißig gesammelt werden – allerdings „bitte nur für den eigenen Verbrauch“, denn „zum Beispiel Steinpilze und Pfifferlinge stehen sogar unter Naturschutz“, mahnt Stange. Und auch die Natur und Waldbewohner brauchen und schätzen die Pilze – sogar die giftigen. Also „immer sorgfältig mit der Natur umgehen, nicht in Naturschutzgebieten und Schonungen sammeln und immer darauf achten, was sonst noch kreucht und fleucht“, appelliert der Bad Orber.
Dann kann man sich die gesammelten Pilze zu Hause auch mit gutem Gewissen schmecken lassen. Gerade für Anfänger empfiehlt sich außerdem: „Die Putzreste wie Haut und Stiel mindestens 48 Stunden aufheben, am besten in Zeitungs- oder Küchenpapier und an einem kühlen Ort“, verrät Dagmar Eckart des Giftinformationszentrums in Mainz. Denn dann können die Experten und Pilzsachverständigen im Ernstfall noch bestimmen, um welche Pilze es sich gehandelt hat. Generell gilt aber, „wirklich achtsam und vorsichtig zu sein, wenn ich in die Pilze gehe und sich gerade als Anfänger erstmal auf ein bis zwei Röhrlinge zu konzentrieren“, rät Eckart. Für wirklich Interessierte empfiehlt sich auf jeden Fall eine Pilzführung, denn von der eigenständigen Erkennung durch Bücher und vor allem Apps, rät die Expertin gerade bei Neulingen ab.
Und sollten nach dem Verzehr – besonders von selbst gesammelten - Pilzen Magen-Darm-Beschwerden auftreten oder die Vermutung aufkommen, einen giftigen Pilz erwischt zu haben, dann hilft die Gifthotline unter der 06131-19240 rund um die Uhr.
In diesem Jahr gab es ganze 232 Anrufe bei der Gifthotline aus Hessen, berichtet Eckart. Zwar seien das deutlich weniger Beratungen als noch im Vorjahr mit 352 Anrufen, allerdings sei ein Großteil der Anrufe 2020 in gerade mal 14 Tagen zusammengekommen. +++
