Elisabeth-Curdts-Tagesstätte erfüllt Bildungs- und Erziehungsauftrag
Samstag, 25.11.2023
MAIN-KINZIG-KREIS - Im hellen großen Turnraum der Elisabeth-Curdts-Tagesstätte in Wächtersbach haben Erzieherin Viktoria Jarkov und Azubi Miriam Niebling aus einer langen Bank, zwei großen, dicken Bodenmatten und der Sprossenwand eine Rutsche gebaut. „Ihr dürft nur im Sitzen oder auf dem Bauch runterrutschen. Nicht im Stehen und nicht auf den Knien“, erinnert Viktoria Jarkov die Kinder, die noch wie aufgefädelt am Fenster sitzen.
Zwei Jungs springen auf. „Wartet noch mal kurz. Gleich geht’s los“, sagt Viktoria Jarkov. Dann wendet sie sich an ein Kind, das etwas zurückhaltender wirkt als die anderen: „Willst du erst mal zuschauen, wie es geht?“ Das Kind nickt. Die anderen bilden eine etwas zappelige Schlange vor der Rutsche. Nachdem der erste Junge das kreative Sportgerät ausprobiert hat und ohne Zögern sofort wieder rutschen will, fühlt sich das zurückhaltende Kind ermutigt mitzumachen. Die Kinder haben sichtlich Spaß.
Hinter dem Spiel der Kinder und Erzieherinnen steckt mehr, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Michaela Krone-Samer, Leiterin der Elisabeth-Curdts-Tagesstätte, erläutert die Zusammenhänge: „Wir begleiten und fördern Kinder emotional und sozial. Wir fördern sie je nach Alter in ihrer Sprachentwicklung und in ihrer Kommunikation, in ihrer Motorik, ihrer Bewegung und auch in ihrer Selbstbestimmung.“ Die Fachkräfte beobachten aus der Nähe oder aus der Distanz, wie die Kinder sich bewegen, handeln, kommunizieren. Das Beobachtete wird festgehalten, um die Entwicklung nachvollziehbar zu dokumentieren.
Kompetente pädagogische Fachkräfte nötig
Erzieherinnen und Erzieher lernen in ihrer Ausbildung, Bedarf, Bedürfnisse und Stärken der Kita-Kinder zu erkennen. Sie können hier eingreifen, da anleiten, dort Unterstützung anbieten oder die Eltern beraten, wenn dies gewünscht oder notwendig wird. „Unser Beruf hat sich im Vergleich zu früher stark professionalisiert. Vor zwanzig Jahren ist viel gebastelt worden – den Jahreszeiten angepasst –, heute steht der Erziehungs- und Bildungsauftrag im Mittelpunkt – auch an der Rutsche im Turnraum“, bekräftigt Michaela Krone-Samer.
Für die verantwortungsvollen Aufgaben seien kompetente pädagogische Fachkräfte notwendig. Menschen, die neben ihrer fachlichen Ausbildung und ihrer Liebe zu Kindern auch den Wunsch mitbrächten, ihre persönlichen Ressourcen zu nutzen, so die Kita-Leiterin: „Wir haben zum Beispiel eine Musikpädagogin im Team, die einen Flötenworkshop anbietet, eine andere ist sehr kreativ, malt gern und wird oft von den Kolleginnen angesprochen, wenn ein Plakat gestaltet werden muss. Im Team unterstützen wir uns und können den Kindern vielfältige Angebote machen.“
Das Team in der Elisabeth-Curdts-Tagesstätte besteht aus 32 pädagogischen Fachkräften, acht Auszubildenden, vier Reinigungs- und drei Hauswirtschaftskräften. Zwei der acht Azubis sind Miriam Niebling und Michel Stenzel: sie im ersten Ausbildungsjahr, er im dritten und damit letzten; beide, haben zuvor in einem anderen Beruf gearbeitet, beide machen die Praxisintegrierte vergütete Ausbildung (PivA). Dies ist eine von Anfang an vergütete Vollzeitausbildung mit in der Regel drei Tagen Schule und zwei Tagen Praxis. Sie dauert drei Jahre inklusive integriertem Berufspraktikum.
Miriam Niebeling absolvierte zunächst eine Ausbildung im Einzelhandel und war als stellvertretende Filialleiterin tätig. Als sie erkannte, dass sie nicht mit der Freude zur Arbeit ging, wie sie sich das wünschte, entschloss sie sich, via PivA Erzieherin zu werden. „Eigentlich wollte ich schon immer im sozialen Bereich arbeiten“, sagt die 26-Jährige und: „Ich arbeite total gern mit anderen Menschen zusammen, Kinder finde ich super.“ Die Vergütung war nicht der Grund, sich für die PivA-Variante zu entscheiden, betont sie: „Ich finde es toll, Kinder von der Krippe bis zur Schule zu begleiten.“
Für ihren Kollegen Michel Stenzel hat die Vergütung während der Ausbildung dagegen eine entscheidende Rolle gespielt. Der Chemikant, der 12 Jahre im Labor tätig war, verdiente gut, fand aber in seinem Beruf keine Erfüllung. „Ich wollte etwas verändern, nachhaltig handeln, der Gesellschaft etwas geben und mich weiterentwickeln.“ Sein Großvater habe ihn auf den Beruf des Erziehers gebracht, unter anderem, weil er sich gern um Kinder kümmere. Vor drei Jahren habe er ein Praktikum absolviert, um zu schauen, ob ihm der Beruf überhaupt liegt. „Ich habe mich noch nie so glücklich und zufrieden gefühlt wie in dieser Zeit“, schwärmt Michel Stenzel. Der 32-Jährige wünscht sich, dass mehr Männer Erzieher werden: „Das ist für Jungs im Kindergarten- und Grundschulalter gut. Sie werden in den Kitas und der Grundschule derzeit fast nur von Frauen erzogen und unterrichtet.“
Quereinsteigerinnen und Spätberufene
Neben den beiden gibt es in der Wächtersbacher Kita noch weitere Quereinsteigerinnen: Irina Vachnovan, die mit 49 Jahren die Vollzeitausbildung zur Erzieherin gemacht hat und seit zehn Jahren in dem Beruf arbeitet, Vera Nachtigall, die in Russland als Kinderpsychologin tätig war, vor sechs Jahren aus Russland nach Deutschland kam und die praxisintegrierte vergütete Ausbildung in Gelnhausen erfolgreich absolviert hat. Auch Syliva Daudert, die fünf Kinder hat und Haushalt, Kinder, Theorie, Praxis, Lernpensum und Hausaufgaben während der Ausbildung unter einen Hut bringen musste, gehört zu den Spätberufenen. Heute sagt sie „Es hat sich gelohnt. Ich bin froh, hier in dieser Kita als Erzieherin für Kinder unter drei Jahren da zu sein. Das liegt mir und macht mich glücklich.“
Michaela Krone-Samer freut sich über das positive Feedback ihrer Kolleginnen und ihres Kollegen. „Kinder sind in einer Kita täglich mehr Stunden als zuhause. Wir legen hier den Grundstein für ihr ganzes Leben“, sagt sie und: „Kinder haben ein Recht darauf, von freundlichen, gut gelaunten Menschen ins Leben begleitet zu werden. Sie sind schließlich das Wertvollste, das Eltern und das wir als Gesellschaft haben.“ (red)